Blog

Flexible Kapitalgesellschaft

Die flexible Kapitalgesellschaft: eine Gesellschaftsform mit Potential?

Seit 01.01.2024 gibt es in Österreich eine neue Gesellschaftsform: die flexible Kapitalgesellschaft. Gleich zwei Abkürzungen sind für diese Rechtsform zulässig; die deutsche Version „FlexKapG“ – was aufgrund des G‘s am Ende zugegebenermaßen schwer auszusprechen ist – und „FlexCo“, in Anlehnung an die englische Bezeichnung „flexible company“.

Regierungsprogramm 2020 – 2024

Ausgangspunkt aller Überlegungen war das Regierungsprogramm 2020 bis 2024 von ÖVP und Grünen. Darin wurde eine Flexibilisierung des Kapitalgesellschaftsrechts angestrebt: “Die bestehenden Regelungen sollen insbesondere in Hinsicht auf Familienunternehmen und Start-ups flexibilisiert werden.“ Wäre man mutig gewesen, hätte man auch eine Flexibilisierung bei der GmbH und der AG vorantreiben können. Herausgekommen ist stattdessen eine neue Gesellschaftsform, die sich wie ein kleines Spin-off der GmbH mit flexibleren Regelungen ausnimmt. Lange war in diesem Zusammenhang von der „Austria Limited“ die Rede – geworden ist es dann die FlexKapG oder eben FlexCo.
Zielgruppe der neuen Gesellschaftsform sind Start-up-Unternehmen, auf deren Druck die Entwicklung erst ihren Lauf genommen hat. Gründerinnen und Gründer sollen eine unkomplizierte Gesellschaftsform vorfinden, die auch international wettbewerbsfähig ist. Die flexible Kapitalgesellschaft steht aber auch bereits bestehenden Unternehmen offen. Attraktiv wird sie möglicherweise für jene sein, die ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am Unternehmenserfolg beteiligen wollen.

Ausgestaltung

Die flexible Kapitalgesellschaft ist genauso wie die GmbH und die AG (und die SE) eine vollwertige juristische Person. Sie ist von den Gesellschafterinnen und Gesellschaftern rechtlich unabhängig und selbst Trägerin von Rechten und Pflichten. Die Gründung einer 1-Personen-FlexCo ist rechtlich möglich.
Bei der gegenwärtigen Recherche stößt man immer wieder auf die Formulierung, dass es sich bei der flexiblen Kapitalgesellschaft um eine Hybridform zwischen GmbH und AG handelt. Das ist nur eingeschränkt richtig. Es gibt einige Elemente, die die FlexKapG von der AG übernommen hat, aber sie liegt eindeutig viel näher an der GmbH als an der AG.
Hauptgrund dafür ist der Generalverweis in §1 Abs. 2 des FlexKapGG. Dieser lautet: „Soweit in diesem Bundesgesetz keine abweichenden Regelungen getroffen werden, sind auf die FlexKapG die für Gesellschaften mit beschränkter Haftung geltenden Bestimmungen anzuwenden.“ Dieser Satz wird in Zukunft enorme Auswirkungen auf die Ausgestaltung der FlexKapG haben, bedeutet er doch, dass alle Regelungen, die sich in den verschiedensten Gesetzen zur GmbH finden, auch auf die FlexKapG Anwendung finden.
Das FlexKapG-Gesetz ist mit 26 inhaltlich relevanten Paragrafen sehr knapp gehalten. Es verwundert, dass sich beispielsweise keine eigenständigen Regelungen zur Gründung oder Beendigung der Gesellschaft finden. Ebenso wenig gibt es Bestimmungen in Bezug auf Geschäftsführer oder die Generalversammlung. Selbst im UGB wird die FlexKapG nicht separat erwähnt. Dennoch geht man davon aus, dass es sich bei der FlexKapG um eine Kapitalgesellschaft im Sinne des §2 UGB handelt.

Auswirkungen auf die GmbH

Die Gesellschafter können, so wie bei anderen Kapitalgesellschaften auch, sowohl natürliche als auch juristische Personen sein. Die Festlegung der Höhe des Stammkapitals der FlexKapG hatte auch Auswirkungen auf die GmbH: während das Stammkapital für die FlexKapG mit 10.000€ festgelegt wurde – wovon mindestens 5.000€ in bar eingelegt werden müssen, wurde jenes der GmbH von 35.000€ auf ebenfalls 10.000€ gesenkt. Im Zuge dessen wurde auch die Gründungsprivilegierung der GmbH abgeschafft, weil sie mit der Absenkung sowieso obsolet wurde. Das bedeutet, dass alle GmbHs die in den letzten 9 Jahren in Österreich gründungsprivilegiert gegründet wurden, nun keine Aufstockung auf 35.000€ mehr vornehmen müssen.

2013 versus 2024

Wir blenden zurück in das Jahr 2013, als in Österreich im Juli die „GmbH light“ eingeführt wurde – übrigens auch mit dem Ziel, eine attraktivere Gesellschaftsform anbieten zu können. Bereits damals wurde das Stammkapital mit – mindestens – 10.000€ festgelegt. Die unerwünschte Folge war, dass viele bestehende GmbHs die Gelegenheit nutzten und ihr vorhandenes Stammkapital nachträglich auf den neuen Wert reduzierten. Es kam zu signifikanten Einbrüchen bei den Körperschaftsteuereinnahmen des Staates. Deshalb wurde bereits neun Monate später das Gesetz repariert, indem das Stammkapital per 01.03.2014 wieder auf 35.000€ angehoben wurde. Um die ein Jahr zuvor beschlossenen Vergünstigungen nicht wieder restlos abzuschaffen, hob man als goldenen Mittelweg die Gründungsprivilegierung aus der Taufe. Obwohl das Stammkapital mit 35.000€ festgelegt war, benötigte man trotzdem nur 5.000€ in bar, um eine GmbH gründen zu können. Es bestand nur die Verpflichtung, das Stammkapital nach 10 Jahren auf 35.000€ aufzustocken.
Somit befinden wir uns seit 01.01.2024 in einer nahezu identen Situation wie 2013 – sehr gründerfreundlich und gleichzeitig sehr gläubigerschädigend. Auch ohne betriebswirtschaftliches Fach-Know-how ist einleuchtend, dass mit einem „Spielkapital“ von 10.000€ keine großen Sprünge zu machen sind. Der Sprung in die Insolvenz ist jedenfalls wahrscheinlicher.

Unternehmenswertanteile

Die größte Neuerung bei den Regelungen zur FlexKapG findet sich in Bezug auf die Eigentumsverhältnisse. Das Gesetz unterscheidet bei dieser Gesellschaftsform zwischen Geschäftsanteilen für Gesellschafter und Unternehmenswertanteilen für Personen, die von den Gesellschaftern am Unternehmen beteiligt werden sollen. Das werden in den meisten Fällen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sein, es kommen grundsätzlich aber auch alle anderen (natürlichen wie juristischen) Personen in Frage, also auch beispielsweise Investoren.
Unternehmenswertanteile dürfen maximal 24,99% des Stammkapitals ausmachen. Der Mindestwert der Stammeinlage beträgt 1 Eurocent (!) pro Person. Unternehmenswertberechtigte haben nur eingeschränkte Informationsrechte. Sie dürfen an der Generalversammlung teilnehmen, haben aber kein Stimmrecht und können die dort gefassten Beschlüsse nicht bekämpfen. Dafür sind sie sowohl am Bilanzgewinn als auch am Liquidationserlös beteiligt. Diese Regelung lehnt sich stark an der Position der Vorzugsaktionäre von Aktiengesellschaften an. Der Liquidationserlös der FlexKapG ist im Idealfall als Anteil am lukrativen Verkaufserlös eines Start-up-Unternehmens zu sehen – obwohl es natürlich auch anders ausgehen kann.
Da von einer gewissen Mobilität der Unternehmenswertanteile ausgegangen wird, werden Unternehmenswertanteilsberechtigte nicht ins Firmenbuch eingetragen. Stattdessen sind die Geschäftsführer der FlexKapG zur Führung eines Anteilsbuches verpflichtet, aus der die Namen und deren Anteile ersichtlich sind. Außerdem ist für die Übertragung der Anteile kein Notar notwendig. Es reicht die einfache Schriftform.
Einen steuerlichen Vorteil gibt es auch: der Ertrag aus der Veräußerung des Unternehmenswertanteils wird erst zum Zeitpunkt des Verkaufs des Unternehmens oder des Ausscheidens aus dem Unternehmen mit 25% versteuert.

Weitere Erleichterungen

Bei der Übertragung von Geschäftsanteilen ist bei der GmbH nach wie vor zwingend ein Notariatsakt erforderlich. Bei der FlexKapG wurden die Formvorschriften reduziert. Es reicht eine Privaturkunde eines Anwalts oder eines Notars. Dadurch wird die Eigentumsübertragung deutlich einfacher und günstiger.
Weiters kann im Gesellschaftsvertrag der FlexKapG festgelegt werden, dass Abstimmungen schriftlich durchgeführt werden können, ohne dass jeder Gesellschafter einzeln zustimmen muss. Die einfache Mehrheit von 51% reicht für eine Entscheidung. Bei der GmbH hingegen muss bei einem solchen Umlaufbeschluss eine Urkunde von Gesellschafter zu Gesellschafter zur Unterschrift weitergegeben werden.

Fazit

Die FlexKapG kann alles, was auch die GmbH kann und bietet darüber hinaus noch weitere Möglichkeiten. Ob die Gesellschafter die Einblicke, die Unternehmenswertbeteiligte in das Unternehmen bekommen, goutieren, wird wohl erst die Zukunft zeigen.


Die Grafik wurde inspiriert von Freepik

error: Content is protected !!